Glaube und Gemeinschaft

Impuls zum Lobpreisabend am 6. Juli

Robert Guder am 17.07.2024

LPK 06 07 2024 Beginn Foto: Kraus

Interessant, wie Paulus angesichts seiner Schwachheit reagiert: Er macht etwas, auf das ich selbst nie kommen würde – er rühmt sich dafür. Wir würden uns normalerweise wohl eher für unsere Schwachheit schämen, als uns dieser zu rühmen und versuchen oft, die Position der Schwachheit und Verletzlichkeit zu meiden – ein Impuls von Sebastian Raber (Dipl. Theol.) HOME Passau.

1) Wir sind doch nicht schwach
In der hoch­zi­vi­li­sier­ten und hoch tech­no­lo­gi­sier­ten Gesell­schaft des 21. Jahr­hun­derts unse­rer glo­bal-west­li­chen Welt haben wir es geschafft, für jede Man­gel­er­schei­nung Abhil­fe zu schaf­fen. Alle unse­re Bedürf­nis­se sind schein­bar sofort still­bar, jeder hat Zugang zu allen nöti­gen lebens­not­wen­di­gen Din­gen und zuneh­mend auch zu vie­len Luxus­gü­tern. Uns geht es doch nicht schlecht, wir kön­nen alles durch Tech­no­lo­gie lösen. Wir sind stark. Jeg­li­che Momen­te der Schwä­che wer­den sofort ange­gan­gen und ver­hin­dert. Ähn­li­ches erkennt man in der Erzie­hung von wei­nen­den Kin­dern, wenn sie Sät­ze hören, wie Ein India­ner kennt kei­nen Schmerz“ oder Män­ner wei­nen nicht“ – denn wir sind doch nicht schwach!

2) Wir dür­fen kei­ne Feh­ler machen
Unse­re nega­ti­ven Erfah­run­gen aus Schu­le, Arbeit und pri­va­tem Umfeld haben uns über Jahr­zehn­te bei­gebracht, dass Feh­ler häu­fig har­te Kon­se­quen­zen mit sich brin­gen. Aus­ge­schlos­sen sein, Unver­ständ­nis, Mob­bing etc. fol­gen oft auf unser Schei­tern und Ver­sa­gen. Wer frü­her eine schlech­te Note mit nach Hau­se gebracht hat, konn­te sich einer har­ten Stra­fe sicher sein; wer schrei­en­de Kin­der mit in den Got­tes­dienst nimmt, bekommt oft böse Bli­cke der Gebets­ge­mein­schaft – denn wir dür­fen kei­ne Schwä­che zei­gen, wir soll­ten kei­ne Feh­ler machen.

Viel lie­ber also will ich mich mei­ner Schwach­heit rüh­men, damit die Kraft Chris­ti auf mich herabkommt.”

2. Korinther 12,7-10
LPK 06 07 2024 Sebi2

3) Wir haben alles unter Kon­trol­le
Das Bedürf­nis nach Sicher­heit, das jedem Men­schen inne ist, hat ihn dazu gebracht, gro­ße Höhen zu errei­chen, sein eige­ner Herr zu sein und alles unter Kon­trol­le zu hal­ten. Tau­sen­de Ver­si­che­run­gen gegen jed­we­de Kata­stro­phe abschlie­ßen, sein Habe vehe­ment gegen Dieb­stahl absi­chern, Sor­gen um die Zukunft, unge­sun­de Kon­trol­le und Co-Abhän­gig­kei­ten in Bezie­hun­gen – all das und vie­les mehr soll vor der Hilf­lo­sig­keit ret­ten, die der Mensch erfährt, wenn er die Kon­trol­le ver­meint­lich ver­liert – denn Schwä­che und Ver­letz­lich­keit ist unsi­cher und unangenehm.

4) Wir ver­glei­chen uns
Um dazu­zu­ge­hö­ren, um nichts zu ver­pas­sen und um die Aner­ken­nung ande­rer zu sichern, müs­sen wir stän­dig auf dem neu­es­ten Stand sein, was Schön­heits­idea­le oder Besitz angeht. Neid und Eifer­sucht wer­den heut­zu­ta­ge nicht nur in der Nach­bar­schaft erlebt, son­dern vor allem in den sozia­len Net­zen. Eine Unzahl von Influen­cern set­zen die ver­meint­lich neu­en Stan­dards des Lebens. Der durch­trai­nier­te, per­fek­te Kör­per, die neu­es­te Mode oder Vil­len, Autos und teu­re Spiel­zeu­ge der Rei­chen – wer das nicht alles hat, wirkt nicht erfolg­reich und dem­nach schwach (auch im wahrs­ten Sin­ne des Wortes).

5) Wir ver­mei­den Kon­flik­te
In Bezie­hun­gen ist oft zu erken­nen, dass Kon­flik­te nicht auf Augen­hö­he aus­ge­tra­gen wer­den, son­dern es eine Posi­ti­on des Star­ken – meist der Anklä­ger bzw. das Opfer – und die Posi­ti­on des Schwa­chen – meist der Täter – gibt. Es kos­tet uns sehr viel, Feh­ler und Schwä­che zuzu­ge­ben. Daher wird lie­ber alles schön­ge­re­det, unter den Tep­pich gekehrt oder der Kon­flikt stra­te­gisch zu mei­nen Guns­ten geführt – denn Schwä­che, auch wenn sie fak­tisch sich ereig­net hat, darf auf kei­nen Fall bestraft wer­den, das wäre unangenehm.

Sicher gäbe es noch eini­ge wei­te­re Punk­te, an denen man merkt, wie ger­ne wir vor unse­rer eige­nen Schwach­heit und Ver­letz­lich­keit davon­ren­nen wol­len. Und viel­leicht spürt der ein oder ande­re, wie anstren­gend die­ser Lebens­stil ist, immer per­fekt sein zu müs­sen, immer alles rich­tig machen zu müs­sen, Feh­ler zu ver­ste­cken, Kon­flik­te unter den Tep­pich zu keh­ren. Unse­re Kir­che bie­tet mit Pau­lus Aus­sa­ge schon ganz zu Anbe­ginn eine befrei­en­de Alter­na­ti­ve. Pau­lus merkt auch sei­ne Schwä­che, doch geht er offen­sicht­lich ganz anders damit um. Statt sich zu schä­men, freut er sich, jubelt, ja gibt sogar an damit, denn er weiß nicht nur, dass Schwä­che nor­mal ist, son­dern auch, dass er nicht alles allei­ne schaf­fen muss und kann und Gott die nöti­ge Gna­de ihm zukom­men las­sen möch­te. Ist das auch unse­re Lebens­rea­li­tät im Umgang mit unse­ren Arbeit­ge­bern, Ehe­part­nern, Freunden?

Weil bei uns in der HOME Base am Dom­platz vie­le Leu­te auf einem Hau­fen woh­nen, rin­gen wir um einen gesun­den Umgang mit Schwä­che und Feh­lern. Dies haben wir in unse­rer Haus­kul­tur – der soge­nann­ten HOME DNA – im sieb­ten Punkt fol­gen­der­ma­ßen for­mu­liert: Wir ver­su­chen aus Feh­lern zu ler­nen. Wir umar­men das Unper­fek­te. Wir schaf­fen einen Rah­men in dem es sicher ist, Schwä­che zu zei­gen. Wir spre­chen über Feh­ler ehr­lich, klar und wert­schät­zend. Wir ent­wi­ckeln uns stän­dig wei­ter.“ Die­ser Anspruch hat uns bis­her erheb­lich gehol­fen, eine Atmo­sphä­re der Annah­me und Ver­letz­lich­keit zu schaf­fen und ein gutes Mit­ein­an­der zu för­dern. Fol­gen­de vier Erkennt­nis­se haben wir auch in unse­rer Arbeit gewonnen:

1) Feh­ler und Schwä­che sind wich­tig
Feh­ler sind unver­meid­bar. Wir machen unser gan­zes Leben lang immer wie­der Feh­ler, schon als Kin­der – nur so ler­nen wir. Daher sind sie nichts Schlech­tes, son­dern eine will­kom­me­ne Lern­quel­le. Ich muss z.B. an Elon Musk den­ken, der ver­sucht, Rake­ten für die Rei­se zum Mars zu bau­en. Erst nach unzäh­li­gen Ver­su­chen, ist es ihm gelun­gen, eine Rake­te zu star­ten und auch wie­der zu lan­den, ohne Explo­si­on. Nach jedem miss­glück­ten Start hat er sich gefreut über alles, was sie nun dazu­ge­lernt haben, um es spä­ter bes­ser zu machen, anstatt in der Scham zu versinken.

2) Kon­flik­te sind nor­mal und lös­bar
Wer das aner­kennt, hat ein gutes Fun­da­ment für ein gesun­des Kon­flikt­ma­nage­ment. Im HOME ver­wen­den wir die gewalt­freie Kom­mu­ni­ka­ti­on, um Unstim­mig­kei­ten zeit­nah und auf eine fai­re Wei­se anzu­spre­chen, ohne die Din­ge schön­zu­re­den oder unter den Tep­pich zu keh­ren. Dadurch wird die Gemein­schaft stär­ker und heiler.

3) Wir dür­fen die Schwä­che vor Gott brin­gen
Schon in den Psal­men begeg­nen uns
unzäh­li­ge Momen­te, in denen der Psal­mist sei­ne Kla­ge um die Umstän­de nicht für sich behält und sie auch nicht ver­sucht, zu ver­ges­sen; son­dern er bringt sie vor Gott. Die Schrift weiß auch: Ein zer­bro­che­nes und zer­schla­ge­nes Herz wirst du, Gott, nicht ver­schmä­hen“ (Ps 51,19). So wie Pau­lus dür­fen wir unser Unper­fek­tes und Schwe­res umar­men und mit Gott dar­über ins Gespräch kommen.

4) Freu­dig auf sei­ne Gna­de hof­fen
Pau­lus, der sei­ne Schwach­heit aner­kennt, rühmt sich sogar die­ser, weil er fest davon aus­geht, dass dann die Kraft Chris­ti auf ihn her­ab­kommt. Die­se Kau­sa­li­tät scheint für ihn so selbst­ver­ständ­lich, so oft erfah­ren, dass er sie hier so vor­stellt und das sogar im sel­ben Abschnitt als wah­re Stär­ke defi­niert: In mei­ner Schwach­heit bin ich stark“. Das ist die gro­ße Ein­la­dung Got­tes in Momen­ten der Ver­letz­lich­keit und Unsi­cher­heit, dass wir freu­dig auf die Kraft Chris­ti, auf sei­ne Gna­de hof­fen dür­fen, ohne alles selbst schaf­fen zu müssen.

Als Anre­gung möch­te ich Sie ermu­ti­gen, im nächs­ten schwa­chen Moment nicht in eine Pseu­do­stär­ke sich zu flüch­ten, nicht zu ver­su­chen, die Kon­trol­le um jeden Preis zu behal­ten, nicht per­fekt sein zu müs­sen, son­dern sich in die­se Wahr­heit fal­len zu las­sen: In mei­ner Schwach­heit will Gott stark sein, will er sei­ne Gna­de schen­ken, will er es uns leich­ter machen. Und auf die­se sei­ne Lie­be dür­fen wir freu­dig und selbst­be­wusst hoffen.

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