Das glauben wir

Impuls zum Lobpreisabend am 7. September

Redaktion am 20.09.2024

Martin Clemens Foto: Martin Clemens

Effata – öffne dich von Martin Clemens

Ein­füh­rung:

Mit wel­cher Erwar­tung sind sie hierhergekommen?

Viel­leicht …

- wegen der Lob­preis­mu­sik, also, um gemein­sam Gott mit Lie­dern und Gebe­ten zu loben?

- weil der Ablauf und die gan­ze Atmo­sphä­re des sakra­len Rau­mes mit Ker­zen, … so ist, dass man sich ent­span­nen kann, runterkommt?

- weil man Men­schen trifft, mit denen einen der Gau­be ver­bin­det – Gemeinschaft?

- oder, weil sie ein paar Gedan­ken hören wol­len, um geist­lich aufzutanken? …

Es geht um ein ganz­heit­li­ches Erle­ben, mit allen Sin­nen. Das alles gehört zusam­men und tut der See­le gut.

Und jetzt stel­len sie sich vor, sie könn­ten nicht hören. Wer taub ist, dem ist die Welt der Hören­den zunächst ver­schlos­sen. Er muss auf ande­re Wei­se Zugang fin­den. Gott sei Dank gibt es die Gehör­lo­sen­spra­che und tech­ni­sche Hilfen. 

1. Gedanke

Zur Zeit Jesu bedeu­te­te Taub­heit, den Aus­schluss aus der Kom­mu­ni­ka­ti­on, auch auf geist­li­cher Ebe­ne. Solch ein Mensch begeg­net Jesus. Jesus sieht die Not und hilft.

Hier lohnt es sich genau­er hin­zu­schau­en auf die äuße­ren Umstän­de der Heilung:

Jesus legt sei­ne Fin­ger in Ohren des Tau­ben und gibt dann Spei­chel auf des­sen Zun­ge. Damit ver­stößt er gegen jüdi­sche Rein­heits­vor­schrif­ten. Warum?

  1. Jesus spricht den Tast­sinn des Tau­ben und Stam­meln­den an. Er schenkt ihm sei­ne Berüh­rung, begibt sich mit ihm auf eine Ebe­ne der Wahr­neh­mung, die ihm zugäng­lich ist.
  2. Gebraucht Zei­chen, die in der grie­chisch gepräg­ten Kul­tur des Mit­tel­meer­raums ver­stan­den wur­den. Es gab in der Anti­ke Men­schen, die als Wun­der­tä­ter unter­wegs waren. Die­se bedien­ten sich sol­cher Prak­ti­ken. Jesus greift dies auf, denn er befin­det sich in der Deka­po­lis“. Es ist ein Gebiet von 10 Städ­ten im Nord­os­ten Isra­els, die auch von Juden, aber mehr­heit­lich von Hei­den“ bewohnt waren. Jesus wen­det sich also bewusst auch an Hei­den. Das ist kei­ne Selbst­ver­ständ­lich­keit, denn eigent­lich gilt das Heil Got­tes allein dem Volk Isra­el, so die vor­herr­schen­de Lehr­mei­nung zeit­ge­nös­si­scher jüdi­scher Theo­lo­gen. Und Jesus hielt sich dar­an, bis zu einer Bege­ben­heit, die im Kapi­tel vor­her geschil­dert ist. Eine Syro­phö­ni­zi­e­rin, also eine Hei­din spricht ihn an und bit­tet, dass er ihr Toch­ter hei­len möge, die von einem Dämon beses­sen ist. Sei­ne ers­te Reak­ti­on ist abwei­send, gera­de­zu grob: wört­lich heißt es in Mk 7,2430:

Jesus aber sprach zu ihr: Lass zuvor die Kin­der satt wer­den; denn es ist nicht recht, dass man den Kin­dern das Brot neh­me und wer­fe es vor die Hun­de. 28 Sie ant­wor­te­te aber und sprach zu ihm: Herr, aber doch essen die Hun­de unter dem Tisch von den Bro­sa­men der Kin­der. 29 Und er sprach zu ihr: Um die­ses Wor­tes wil­len geh hin, der Dämon ist aus dei­ner Toch­ter ausgefahren.

Jesus erlebt hier sein eige­nes Effata – Erleb­nis. Eine Frau, und noch dazu eine Hei­din, hat ihm die Augen geöff­net, sei­nen Blick gewei­tet. Jesus öff­net sich der neu­en Erkennt­nis, weil er auf das Herz und den Glau­ben schaut. Er lässt den Buch­sta­ben des Geset­zes hin­ter sich, gewinnt eine welt­wei­te Per­spek­ti­ve für sei­ne Sen­dung. Und bricht dann wohl bewusst in die heid­nisch gepräg­te Deka­po­lis auf, um genau das zu prak­ti­zie­ren, was er in die­ser Situa­ti­on gelernt hat. Ein bemer­kens­wer­ter Vorgang.

2. Gedanke

Das Wort Effata bedeu­tet öff­ne dich!“ oder – wie Luther über­setzt: tue dich auf!“ Der Tau­be ver­hält sich zunächst pas­siv. Er lässt sich von Men­schen zu Jesus brin­gen. Er lässt sich von Jesus berüh­ren. Doch dann spricht Jesu ihn an: Effata“ – öff­ne dich – tue dich auf. Der Ange­spro­che­ne wird auf­ge­for­dert mit­zu­wir­ken. Komm aus dir her­aus – nimm Teil am Leben – ent­schei­de dich, für ein neu­es Leben.“ 

  • Jesus han­delt zuerst – aber dann ist der Mensch dran!
  • Und der vor­mals Tau­be ent­schließt sich, die Wor­te Jesu in sei­ne Ohren drin­gen zu las­sen. Er erschließt einen neu­en Erfah­rungs­ho­ri­zont, zu dem ich bis­lang kei­nen Zugang hatte.
  • Und jetzt stel­len sie sich vor, Jesus steht in unse­rer Mit­te und sagt zu ihnen: Effata – öff­ne dich – tue dich auf!“
  • Sicher fällt ihnen ein Lebens­be­reich –eine Situa­ti­on ein, wo sie spü­ren, dass es an der Zeit ist, sich zu öff­nen – sich auf neu­es ein­zu­las­sen – Gott han­deln zu las­sen und dann selbst aktiv zu werden.
  • Neh­men wir uns etwas Zeit zu über­le­gen, wie das aus­se­hen könnte.
  • STIL­LE -

Las­sen sie mich ein aktu­el­les Bei­spiel erzäh­len von einem Men­schen, der sich geöff­net hat, der Neu­es zuge­las­sen hat – der die Dimen­si­on des christ­li­chen Glau­bens neu in sein Leben ein­ge­las­sen hat:

Ich fuhr mit dem Lini­en­bus von der Arbeit heim und kam neben einem jun­gen Mann mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund zu sit­zen. Wir waren ein­an­der bereits beim Fri­sör begeg­net, ich als Kun­de, er als Lehr­ling. Ich sprach ihn auf sei­ne Arbeit an. Er ent­fern­te die Ohren­stöp­sel und es ent­spann sich ein Gespräch, zunächst über sei­ne Aus­bil­dung zum Fri­sör, dann über mei­ne Arbeit als Theo­lo­ge. Mir fiel auf, dass er sehr inter­es­siert nach­frag­te. Als er mich bat, ihm den Unter­schied zwi­schen den christ­li­chen Kon­fes­sio­nen: Katho­li­zis­mus – Pro­tes­tan­tis­mus – Ortho­do­xie zu erklä­ren, war mir klar, dass er mehr wuss­te als die meis­ten Mus­li­me. Auf mei­ne Nach­fra­ge schil­der­te er, wie er mit dem christ­li­chen Glau­ben in Berüh­rung gekom­men war: Ich ging in Pas­sau, durch die Fuß­gän­ger­zo­ne. Da stand einer, der sprach mich an, um mit mir über die Bibel zu reden. Ich war inter­es­siert und wir haben lan­ge gespro­chen. Dann sag­te er, ich sol­le es ein­fach mal aus­pro­bie­ren und zu Jesus beten. Wenn ich um etwas bit­ten wür­de, dann wür­de ich erhal­ten, um was ich bit­te. Auch gab er mir eine Bibel mit. Ich pro­bier­te es aus und es pas­sier­te nichts. Also dach­te ich, dass es mir nichts bringt. Ich such­te den Mann auf, um ihm sei­ne Bibel zurück­zu­ge­ben und sag­te, dass das mit dem Beten bei mir nicht funk­tio­niert. Er bot mir an, einen Segen über mich zu spre­chen. Da fühl­te ich tief in mir, dass es gut war. Seit­dem gehe ich öfters zu den Got­tes­diens­ten und ver­su­che, zu beten und zu glau­ben. Das ist alles sehr inter­es­sant für mich!“

Ein Effata – Erleb­nis, das Mut macht. Die Stim­me Jesu lässt sich auch in unse­rer Zeit hören. Und – wenn der Geist weht, dann kann ich mich noch so unbe­hol­fen anstel­len – Gott wirkt.

3. Gedanke

Bei der Tau­fe voll­zieht der Pries­ter (oder Dia­kon) einen soge­nann­ten Effata-Ritus“. Stell­ver­tre­tend für Jesus berührt er Ohren und Mund des Täuf­lings, ver­bun­den mit dem Segens­wunsch, der Täuf­ling möge das Wort Got­tes ver­neh­men und den Glau­ben im Leben bekennen.

  • Eben­falls beim Taufsa­kra­ment erfolgt eine Sal­bung mit Chri­sam-Öl. Chri­sam ist das Öl der Königs­sal­bung. In Isra­el wur­den damit Köni­ge, Pries­ter und Pro­phe­ten gesalbt zum Zei­chen, dass Got­tes Segen auf ihnen ruht und dass sie von Gott her eine neue Auto­ri­tät bekom­men haben. Durch die Sal­bung kommt zum Aus­druck, dass wir könig­li­che, pro­phe­ti­sche und pries­ter­li­che Men­schen sind, dass auf uns der Segen Got­tes ruht. Durch die Tau­fe sind wir könig­li­che Men­schen gewor­den, die sel­ber leben, anstatt gelebt zu wer­den. Wir sind Men­schen mit einer unan­tast­ba­ren Wür­de. Und im Sin­ne des 2. Vati­ka­ni­schen Kon­zils, das vom gemein­sa­men Pries­ter­tum aller Gläu­bi­gen“ spricht – sind wir auch Priester. *
  • Was bedeu­tet das für mich, wenn bei der Tau­fe die­se Riten an mir voll­zo­gen wurden?
  • Ich den­ke, es ist uns eine Voll­macht gege­ben, derer wir uns neu bewusst­wer­den dürfen.
  • Abschluss
  • Der Tau­be war nicht pri­mär krank, weil er nicht hören konn­te. Sei­ne größ­te Beein­träch­ti­gung war das Gefan­gen­sein in sich selbst. Die Auf­for­de­rung Effata“ – öff­ne dich – tue dich auf hol­te ihn aus dem Gefäng­nis her­aus. Er wur­de aktiv.
  • Jesus spricht auch zu uns sein Effata“. Wir sind her­aus­ge­for­dert, die­ses Frei-gesetzt-sein in allen Berei­chen unse­res Lebens sicht­bar und hör­bar wer­den zu lassen.
  • Wir sind beru­fen König(in), Prophet(in) und Priester(in) zu sein.



* Bibli­scher Hintergrund: 

Er hat uns zu Köni­gen gemacht und zu Pries­tern vor Gott sei­nem Vater.” (Offen­ba­rung 1,6)

Ihr seid eine könig­li­che Pries­ter­schaft.” (1 Petrus 2,9)

Eure Söh­ne und Töch­ter wer­den Pro­phe­ten sein.” (Joel 3,1; Apos­tel­ge­schich­te 2,17)

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